Die Bezeichnung Fatigue, selten auch Fatigue-Syndrom (französisch: Müdigkeit oder Erschöpfung), wird in der Medizin in unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet. Fatigue im medizinischen Sinne umfasst weit mehr als Müdigkeit.

Das CFS darf nicht verwechselt werden mit der Fatigue, die häufig bei Krebs oder anderen schweren, chronischen Erkrankungen auftritt. Diese ruft zwar ähnliche Beschwerden hervor, hat jedoch eine andere Ursache. Daneben gibt es auch Ähnlichkeiten mit den Symptomen anderer Erkrankungen wie der Fibromyalgie, welche zu den rheumatischen Erkrankungen zählt.

An der Charité befindet sich die wichtigste Anlaufstelle für Betroffene von CFS in Deutschland. Es gibt hierzulande nur eine Handvoll Ärzte, die sich mit der Krankheit auskennen. Die aber leiden zum Teil unter völlig überfüllten Wartezimmern.


                                Fatique

                     für den Laien erklärt 


Fatigue ist wie ein kaputter Handy-Akku!

Stell dir vor, du lädst dein Akku über Nacht zu 100% auf um dein Handy den ganzen Tag nutzen zu können, weil du tolle Sachen vor hast.

Nun ist es aber so, dass dir schon 10% Leistung für nur eine SMS flöten geht.

Du willst mittags ein Restaurant in einer fremden Stadt besuchen, weißt aber nicht wie du dahin kommst. Also GoogleMaps an und dahin navigiert …

zack sind plötzlich ganze 80% weg weil GoogleMaps so viel Leistung benötigt und du kommst langsam ins Schwitzen, weil gerade mal der halbe Tag rum ist und du nur noch 10% Akku übrig ist.

Also erstmal eine Steckdose suchen und nachladen. Das Problem ist, dass du nicht genügend Zeit hast um den Akku wieder auf 100% zu laden. Also stöpselst du das Handy schon vorher ab, obwohl es nur auf 60% geladen ist.

Du gehst mit Freunden auf ein kleines Konzert im Stadtpark bei tollem Wetter. Du möchtest tolle Fotos von der Atmosphäre und deinen Freunden mit dem Handy machen doch jedes Foto kostet 10% Akku, was dich tierisch ärgert, weil es doch so viele Dinge und Situationen gibt, die du so gerne fotografieren möchtest …

Also fängst du Tag für Tag an, sparsam mit deinem Akku umzugehen. Sparst dir jede unnötige SMS, machst nicht mehr so viele Fotos, fährst nicht mehr in eine fremde Stadt um in ein neues Restaurant zu gehen.

So ist auch der Alltag mit Fatigue!

Die SMS: sind Dinge wie Hausarbeit, Einkaufen, Kochen … halt Dinge des Alltags!

GoogleMaps: ist der Beruf!

…. und die Fotos …. das sind Familie und Freunde!

Wenn du jetzt diesen kaputten Akku hast und weißt, dass du ihn nicht gegen einen Neuen austauschen kannst …

Wie würdest du deinen Akku benutzen?

Würdest du immer noch in eine fremde Stadt für einen Restaurantbesuch fahren oder doch lieber da essen wo du GoogleMaps nicht so lange oder garnicht brauchst? Oder würdest du lieber auf ein paar Fotos verzichten, weil du die Restaurantbesuche in anderen Städten liebst? Bei den SMS ist das so eine Sache, weil manche müssen einfach verschickt werden.

Täglich die Entscheidung, was einem jetzt wichtiger ist, ist nicht einfach … doch wir haben keine Wahl, wir müssen uns entscheiden!


Fatique

 

 

 

Die Diagnose einer Fatigue kann aufgrund der mangelnden Abgrenzbarkeit und der großen Anzahl ähnlicher Erkrankungen (z.B. Burnout-Syndrom) schwierig sein. Für die Diagnosestellung ist umfangreiche Anamnese und die professionelle Beurteilung des physischen, psychischen bzw. kognitiven Zustandes des Betroffenen notwendig.

1 Definition

 

ist ein Syndrom (eine Ansammlung unterschiedlicher Symptome), das als Begleiterscheinung verschiedener chronischer Krankheiten auftritt.

Nach David Cella bedeutet Fatigue "eine außerordentliche Müdigkeit, mangelnde Energiereserven oder ein massiv erhöhtes Ruhebedürfnis, das absolut unverhältnismäßig zu vorausgegangenen Aktivitätsänderungen ist." Fatigue ist somit eine krankhafte Erschöpfung, die sich nicht durch normale Erholungsmechanismen beheben oder den Betroffen durch Schlaf effektiv regenerieren lässt.

 

 Die Betroffenen fühlen sich physisch und mental weniger leistungsfähig als früher: Selbst „normale“ körperliche Aktivitäten wie Zähne putzen, Kochen, Telefonieren, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistungen werden oft als kaum durchführbar empfunden. Nach solchen Aktivitäten fühlen sich die Fatigue-Patienten unverhältnismäßig erschöpft

 

2 Symptome - Ursachen

Gefühl generalisierter Schwäche

Konzentrationsstörungen

Mangel an Motivation, den normalen Aktivitäten des Alltags nachzugehen

Gestörtes Schlafmuster

Emotionale Reaktionen wie z.B. Frustration oder Reizbarkeit

Sozialer Rückzug, Isolation

Verlust der körperlichen Belastbarkeit

 

Die Beschreibung der Symptomatik durch den Betroffenen hängt zusätzlich ab von anderen Faktoren, wie beispielsweise dem Erleben der Krankheit und der Therapie oder der entsprechenden Tagesgestaltung.

Die Entstehung von Fatigue als Begleiterscheinung chronischer Erkrankungen ist dagegen in den meisten Fällen noch unklar. Experten vermuten aber, dass es hier keinen einzelnen Auslöser für die anhaltende Erschöpfung gibt, sondern dass vielmehr mehrere Faktoren zur Fatigue beitragen (Fatigue als multifaktorielles Geschehen). Im Verdacht stehen unter anderem:

 

Veränderungen innerhalb des zentralen Nervensystems (wie bei Parkinson und Multipler Sklerose)

Veränderungen im endokrinen System (Hormonhaushalt)

Fehlregulationen des Immunsystems (Fatigue ist ein häufiges Symptom bei Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose, rheumatoide Arthritis und systemischer Lupus erythematodes!)

Entzündliche Prozesse (wie bei rheumatoider Arthritis und Fibromyalgie)

 

3 Ätiologie

Fatigue ist ein multikausales bzw. multifaktorielles Phänomen. Als mögliche Ursachen einer Fatigue kommen in Frage:

Die (Tumor-)Erkrankung selbst (Gewichtsabnahme, Stoffwechselstörungen, Anämie)

Therapiemaßnahmen (OP, Strahlentherapie, Chemotherapie, Zytokine, allg. Medikation wie

z.B. Opiate)Hormonmangelerscheinungen (Schilddrüsenhormone, Geschlechtshormone, Nebennrmone)

Psychische Auswirkungen der Erkrankungen (Angst, Stress, Depressionen)

Schlafstörungen, Mangelernährung

Chronische Infekte

Mangel an körperlichem Training und der einhergehende Muskelabbau

 

4 Diagnose

Die Diagnose einer Fatigue kann aufgrund der mangelnden Abgrenzbarkeit und der großen Anzahl ähnlicher Erkrankungen (z.B. Burnout-Syndrom) schwierig sein. Für die Diagnosestellung ist umfangreiche Anamnese und die professionelle Beurteilung des physischen, psychischen bzw. kognitiven Zustandes des Betroffenen notwendig.

Zur Diagnosefindung existiert eine Vielzahl an standardisierten Fragebögen. Hierbei steht meist auch die Fatigue bei Tumorerkrankungen im Vordergrund. Die Fragebögen erfassen u.a. Symptome wie Erschöpfung, Energiemangel sowie ein gesteigertes Bedürfnis nach Erholung nach relativ geringer Belastung.

Nach internationaler Definition leidet der Betroffene unter Fatigue wenn die genannten Symptome im Vormonat täglich oder fast täglich, in zwei aufeinanderfolgenden Wochen aufgetreten sind und zusätzlich mindestens fünf oder mehr der folgenden Punkte erfüllt werden:

Leiden unter allgemeiner Schwäche

Schweregefühl in den Gliedern

Nachlassen der Konzentration oder Aufmerksamkeit

Motivationsverlust und fehlendes Interesse an der Ausführung normaler Aktivitäten

Schlafstörungen oder erhöhtes Schlafbedürfnis

Erschöpfung und Müdigkeit auch nach dem Schlafen

große Mühe bei der Überwindung der Untätigkeit

Stimmungsschwankungen in Form von Trauer oder Reizbarkeit

Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis

Stundenlang anhaltende, starke Erschöpfung nach schweren Tätigkeiten

Zusätzlich weist ein CFS über mehr als sechs Monate mindestens vier der folgenden Symptome auf:    

Gedächtnis-/Konzentrationsprobleme

Halsschmerzen

Druckempfindliche Lymphknoten am Hals oder unter den Achseln

Muskelschmerzen (Myalgie)

Gelenkschmerzen (Arthralgie) an verschiedenen Gelenken

Neuartige Kopfschmerzen

Nichterholsamer Schlaf

Unverhältnismäßig starke Erschöpfung nach Anstrengung (das heißt, die nachträgliche Erschöpfung hält länger als 24 Stunden an)

 

Ähnliche Beschwerden, wie sie ein CFS verursacht, treten auch bei anderen Erkrankungen auf. Diese müssen daher im Zuge der Diagnosefindung vom Arzt ausgeschlossen werden

 

Vorausgehende Faktoren

Zu den vorausgehenden (prädisponierenden) Faktoren für ein chronisches Müdigkeitssyndrom gehören verschiedene Persönlichkeits- und Lebensstilfaktoren. So vermuten Experten zum Beispiel, dass introvertierte Menschen anfälliger für CFS sind. Das Gleiche könnte für Menschen gelten, die äußerst gewissenhaft beziehungsweise perfektionistisch veranlagt sind und hohe Erwartungen an die eigene Leistungsfähigkeit haben. Außerdem scheint körperliche Inaktivität in der Kindheit beziehungsweise während einer akuten Virusinfektion (Infektiöse Mononukleose) das Risiko zu erhöhen, im späteren Leben ein chronisches Erschöpfungssyndrom zu entwickeln.

Fatigue-Syndrom: Untersuchungen und Diagnose

Zur Abklärung einer unerklärlichen Müdigkeit erfragt der Arzt zunächst die Krankengeschichte (Anamnese). Wichtig ist zum Beispiel, seit wann die Erschöpfung besteht, wie ausgeprägt sie ist und wie sehr sie das Alltagsleben beeinträchtigt. Außerdem erkundigt sich der Arzt nach weiteren Beschwerden, dem Schlafverhalten, der Einnahme von Medikamenten, dem Konsum von Alkohol, Koffein, Nikotin und eventuell illegalen Drogen sowie der beruflichen, familiären und sozialen Situation.

 

Im Anschluss folgt eine körperliche Untersuchung, einschließlich einer Blutuntersuchung. Sie kann zum Beispiel eine Blutarmut (Anämie) als Auslöser von Fatigue entlarven.

Fatigue ist ein subjektives Symptom. Es gibt aber eine Reihe von Verfahren (Fragebögen, Skalen), mit deren Hilfe der Arzt die Erschöpfung objektiver erfassen kann.

Wichtig bei der Abklärung von Fatigue ist die Abgrenzung zur Depression, denn auch diese kann eine starke Müdigkeit und Antriebslosigkeit hervorrufen.

 

5 Therapie

Die Therapie ist abhängig von der Ursache. Mögliche Maßnahmen sind:

Angepasste Schmerztherapie

Psychotherapie

Medikamente (Antidepressiva, Neuroleptika)

Hormonsubstitution (z.B. Erythropoetin)

Ernährungsberatung

Erythrozytenkonzentrate (bei Anämie)

Körperliches Training unter medizinischer Kontrolle

Autogenes Training, Entspannungstechniken

Atemübungen

CFS: Krankheitsverlauf und Prognose

Wie ein chronisches Erschöpfungssyndrom (CFS) im Einzelfall verläuft, lässt sich schwer voraussagen.

In den meisten Fällen beginnt die Erkrankung plötzlich, oft infolge eines Infektes: Die anhaltende Erschöpfung und Leistungsschwäche können so ausgeprägt sein, dass die Betroffenen kaum noch aus dem Haus gehen. Nach Monaten bis Jahren kann sich ein chronisches Erschöpfungssyndrom wieder besser – ob spontan oder aufgrund einer bestimmten Behandlung lässt sich meist nicht sagen. Die wiedergewonnene Leistungsfähigkeit ist aber oft nicht von Dauer: Das chronische Müdigkeitssyndrom weist eine hohe Rückfallquote auf; vor allem nach Infekten, körperlicher Belastung und Stressperioden kann sich die lähmende und anhaltende Erschöpfung wieder einstellen. Etwa 20 Prozent der CFS-Betroffenen sind durch die Erkrankung dauerhaft in ihrem Alltagsleben eingeschränkt (bis hin zur Invalidität).

In selteneren Fällen stellt sich ein chronisches Erschöpfungssyndrom nicht plötzlich, sondern schleichend ein. Im Laufe der Zeit werden die Beschwerden immer stärker. Nimmt ein chronisches Erschöpfungssyndrom diesen Verlauf, sind die Chancen auf Erholung deutlich schlechter.

 

https://flexikon.doccheck.com/de/Fatigue

Artikel ist mit weiterführenden links versehen --

 


https://selpers.com/lektion/fatigue-verstehen-fatigue-tipps-fuer-angehoerige/

 

Ihre Angehörigen sind für Sie ein wichtiger Stützpfeiler. Informieren Sie vertraute Personen daher über ihre gesundheitliche Situation und erklären Sie, was die Fatigue für ihren Alltag bedeutet. So fühlen sich Angehörige und Freunde nicht vernachlässigt und Sie können möglicher Überforderungen aufgrund ihrer neuen Rolle im Freundes- und Familienkreis vorbeugen.

 Der Umgang mit Einschränkungen und Verzicht muss erst gelernt werden. Während dieser schrittweisen Anpassung an alltägliche Gewohnheiten, treten auch Rückschläge und Enttäuschungen auf, die Sie und ihr soziales Umfeld erneut auf die Probe stellen. Treten Sie den neuen Entwicklungen offen gegenüber und formulieren Sie ihre Erwartungen und Wünsche an ihre Familienangehörigen und Freunde. Umgekehrt schenken Sie den Bedürfnissen ihrer vertrauten Menschen Aufmerksamkeit, um Missverständnissen vorzubeugen.

 

Wichtig: Offenheit führt zu Verständnis

Nur für Probleme, die ihre Angehörigen und Freunde kennen, können Sie Verständnis aufbringen. Seien Sie daher möglichst offen mit ihren vertrauten Personen. Soziale Beziehungen sind stets zweiseitig, sodass auch Erwartungen und Wünsche, aber auch Schwierigkeiten von zwei Seiten aufeinandertreffen. Erläutern Sie, was Sie von ihrer Familie und ihren Freunden erwarten und benennen Sie ganz konkret, wie ihre engsten Vertrauten ihnen in bestimmten Situationen Hilfe zukommen lassen können.

Lassen Sie ihre Familienangehörigen an therapeutischen Maßnahmen teilhaben. Das verbindet und erleichtert nach der Beendigung der Therapie die Rückkehr zu bekannten Gewohnheiten.


Realität aus dem Alltag  ...

Es fing mit Halsschmerzen an - heute ist Karin Münster unheilbar krank

 

Sie ist erst 33 Jahre alt und leidet an chronischer Erschöpfung. Jede Bewegung zehrt an ihren Kräften. Ihre Energie reicht selbst an guten Tagen gerade mal aus, um etwa mit einer Freundin Kaffee trinken zu gehen. Trotzdem hat Karin Münster Ziele für die Zukunft und will mehr als nur überleben.

Es ist eine einfache Bewegung. Den Arm anheben, ausstrecken, zugreifen und wieder zurückführen. Doch ihre Arme fühlen sich an, als würden schwere Betonklötze an ihnen hängen. Ihre Hände zittern, sie schafft es nicht, nach der Butter zu greifen. Die Aufgabe, an der sie scheitert, scheint so banal, so alltäglich: Karin Münster* wollte sich nur ein Brot schmieren. Ihre Krankheit lässt das aber nicht zu.

Jede noch so kleine Tätigkeit wird an schlimmen Tagen zum Marathon, zum unbezwingbaren Kraftakt. Hinzu kommen die Schmerzen im ganzen Körper. Die 33-Jährige lebt nun seit etwa eineinhalb Jahren mit diesem Zustand – sie hat ME/CFS. Das steht für Myalgische Enzephalomyelitis (ME) und Chronic Fatigue Syndrom (CFS).

Hinter diesem komplizierten Namen steckt eine komplexe organische, chronische Krankheit, die ein normales Leben für Betroffene nahezu unmöglich macht.

 

Wenn die Symptome nicht mehr abklingen

Bei Münster fängt alles mit starken Halsschmerzenan. Als sie sich deshalb beim Arzt untersuchen lässt, kollabiert ihr Kreislauf und sie kommt ins Krankenhaus. Dort stellen die Mediziner eine Erstinfektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) fest – die damals 32-Jährige hat das Pfeiffersche Drüsenfieber. Wochenlang wohnt sie bei ihren Eltern, denn sie kommt nicht mehr zu Kräften. In der Nacht schwitzt Münster oft die Bettwäsche durch, ihr rast das Herz und ihre gute Aufnahmefähigkeit, auf die die junge Frau immer stolz war, existiert plötzlich nicht mehr.

Zwar leidet Münster schon seit einigen Jahren an chronischen Kopfschmerzen, doch kommt mit der EBV-Infektion ein neuer, ihr bis dahin unbekannter Kopfschmerz hinzu. Die Ärzte schreiben die Symptome dem Pfeifferschen Drüsenfiebers zu.

Wie Münster berichten viele ME/CFS-Patienten vom Ausbruch der Krankheit nach einem viralen Infekt, wie der Grippe, dem Norovirus oder dem Pfeifferschen Drüsenfieber. Die genauen Ursachen der Krankheit sind bislang jedoch noch unklar. Einige Studien legen nahe, ME/CFS könnte eine Autoimmunerkrankung sein und geht mit einer schweren Störung im Energiestoffwechseleinher.

Münster ahnt zu diesem Zeitpunkt noch nichts von der ME/CFS-Erkrankung und der Tatsache, dass sie ihren früheren Gesundheitszustand nie zurückerlangen wird. Die junge Frau ist eigentlich eine gelernte Kinderkrankenschwester. Seit dem Auftreten der Symptome nach der EBV-Infektion kann sie aber nicht mehr arbeiten und verbringt den Großteil des Tages auf dem Sofa.

Irgendwann hält Münster das Nichtstun nicht mehr aus und beschließt trotz ihres unveränderten Zustands die Tätigkeit als Krankenschwester wieder aufzunehmen. Drei Stunden Arbeitszeit pro Tag legt sie gemeinsam mit ihrer Hausärztin im Wiedereingliederungsplan fest.

 

Erst nach mehreren Monaten erhält Münster die richtige Diagnose

Karin Münster kämpft sich von da an durch jeden einzelnen Arbeitstag. Sie ist sehr Infektanfällig - ständig steckt sie sich im Krankenhaus an und wird schließlich vom Patientenkontakt abgezogen. Im Schlaflabor der Klinik wertet Münster deshalb Daten aus. Doch die Krankenschwester kann sich kaum konzentrieren und ihr Herz klopft wie verrückt. Jede Nacht wacht Münster nassgeschwitzt auf. Langsam werden in ihr Zweifel wach, ob ihr körperliches Befinden wirklich nur auf das Pfeiffersche Drüsenfieber zurückzuführen ist.

Auch Münsters Vorgesetzter, der Chefarzt der Kinderklinik in München, vermutet eine komplexere Krankheit bei seiner Angestellten und verweist sie an eine ehemalige Studienkollegin.

So landet Karin Münster schließlich mehrere Monate nach Beginn ihrer Erkrankung bei Uta Behrends, der oberärztlichen Leiterin der Spezialsprechstunden für Hämatologie und Immunologie an der Kinderklinik München-Schwabing. Die Ärztin erforscht mit EBV-assoziierte Krankheiten und somit auch ME/CFS bei Kindern und Jugendlichen. Die Expertin vermutet eine ME/CFS- Erkrankung bei Münster.

 

Für das Diagnoseverfahren bei dieser chronischen Krankheit fehlte bislang ein Biomarker. Das heißt sie konnte nicht durch beispielsweise einen Bluttest nachgewiesen werden. Vor Kurzem erschien jedoch eine klein angelegte Studie, in der US-amerikanische Forscher einen potentiellen   Biomarkeranhand der Immunzellen von ME/CFS-Patienten ausfindig gemacht haben. Bis das Verfahren in der Praxis umgesetzt werden kann, müssen aber noch größer angelegte Studien erfolgen. 

Stattdessen erfolgt der Krankheitsbefund aktuell noch anhand der Mustersymptomatik nach den sogenannten Kanadischen Kriterienund einem umfangreichem Ausschlussverfahrens anderer Krankheiten. Auch Behrends unterzieht Karin Münster dieser Diagnosemethode. Ihr Ergebnis: Münster leidet tatsächlich unter ME/CFS.

 

Die Versorgungslage in Deutschland macht Betroffenen das Leben zusätzlich schwer

Mit diesem Wissen gehört Münster zu einer Minderheit - man geht davon aus, dass die Krankheit bei rund 90 Prozent der Betroffenen nicht oder nicht richtig erkannt wird, wie Sebastian Musch, Vorsitzender der deutschen Gesellschaft für ME/CFS, erklärt. Denn gegenüber schätzungsweise 240.000 Betroffenen in Deutschland stehen nur zwei Ambulanzen – eine an der Charité in Berlin und eine an der Kinderklinik München-Schwabing. Die Immundefektambulanz in Berlin nimmt aufgrund der hohen Nachfrage jedoch nur noch Patienten aus Berlin und Brandenburg auf und in München haben sowieso nur Kinder und Jugendliche eine Chance auf Fachärztliche Betreuung. Karin Münster ist hier eine Ausnahme.

Zwar vermutet Musch, es gäbe noch rund 15 Privatärzte in Deutschland, die sich zumindest mit ME/CFS auskennen würden, doch nähmen viele von ihnen ebenfalls keine neuen Patienten mehr auf. Der Rest der Betroffenen lebt ohne Diagnose oder stößt lediglich nach eigener Recherche über das Internet auf das Krankheitsbild ME/CFS. Dann muss der Erkrankte auf das Engagement seines Hausarztes hoffen, sich mit der Krankheit auseinander zu setzten. Denn wenngleich die Krankheit seit über 40 Jahren bekannt ist, kennen sich viele Mediziner in Deutschland kaum mit ME/CFS aus.

Oft bekommen Betroffene sogar zu hören, die Krankheit sei nur auf ihre Psyche zurückzuführen oder sie wird als Burnout abgetan, obwohl organische Symptome vorliegen. Eine schlimme Konsequenz die daraus folgen kann, ist eine verhaltenstherapeutische Behandlung - zum Beispiel über eine Aktivierungstherapie. Bei einigen Krankheiten wie Demenzkönnen anhand aktivierender Tätigkeiten wie beispielsweise kochen oder basteln Erfolge erzielt werden, bei ME/CFS kann das jedoch zu einer Überanstrengung führen, durch die sich sämtliche Symptome teils gravierend verschlechtern.

 

Belastung für die Psyche: ME/CFS lässt keine Zukunftspläne zu

Obwohl Münster nun von ihrer Erkrankung weiß und eine kompetente Spezialistin an ihrer Seite hat, gibt ihr die Diagnose keine Zuversicht. Denn für ME/CFS gibt es bisher keine Behandlung, die eine Heilung in Aussicht stellt. Betroffene können lediglich lernen, mit ihrer Energiekapazität vorsorglich zu wirtschaften, um eine Verschlimmerung der Symptome zu verhindern. „Es gibt kein Medikament, die Krankheit ist noch nicht so richtig erforscht und niemand kann mir eine Prognose geben. Ich weiß nicht, wie es mir in sechs Monaten gehen wird – das ist eine wahnsinnige psychische Belastung für mich“, erzählt Münster.

So lebt die Patientin weiter mit den Symptomen. Da sich keine Verbesserung ihres Zustandes einstellt, beschließt Münsters Krankenkasse nach wenigen Wochen ihre Wiedereingliederungsmaßnahme als Krankenschwester zu beenden. Obwohl Münster die tägliche Anstrengung kaum ausgehalten hat, liebt sie ihren Job. Sie fällt in ein Loch.

 

„Als hätte ich Betonklötze an den Beinen“

Die Krankheit ist plötzlich so schlimm wie noch nie. Zu den zahlreichen bereits vorhandenen Symptomen kommen auch noch Muskel- und   Gelenkschmerzenhinzu – Münsters Nerven sind überempfindlich. An besonders heftigen Tagen schläft die junge Frau schlecht, jegliche Berührung ihres Körpers mit der Bettdecke schmerzt. „Nach dem Aufstehen muss ich für die wenigen Schritte vom Bett bis zum Bad unglaublich viel Energie tanken, als wäre ich ein Gewichtheber, der hundert Kilo stemmt. Nach dem ersten Schritt merke ich dann bereits, dass weder meine Muskeln, noch meine Gelenke meinen eigenen Körper halten können. Als hätte ich Betonklötze an den Beinen“, so beschreibt Münster den Morgenprozess an schlechten Tagen.

Danach muss sich die Krankenschwester oft erst einmal ausruhen, um ihre Energiereserven nicht sofort aufzubrauchen. Anschließend folgt das Frühstück. Schon alltägliche Abläufe werden an solchen Tagen zum wahnsinnigen Kraftakt. Den Großteil der Zeit verbringt sie deshalb auf der Couch. Das zehrt an ihrer Psyche: „In solchen Momenten frage ich mich: Was macht das alles noch für einen Sinn? Was ist das für ein Leben? Einen wirklich schmerzfreien Tag hatte ich seit Beginn meiner Krankheit nicht mehr.“

„Ich musste meine Persönlichkeit wegen der Krankheit aufgeben“

Momentan hat sich Karin Münsters Zustand wieder etwas gebessert. Den normalen Alltag kann sie meistens bewältigen. Das Leben, welches sie vor der Erkrankung geführt hat, scheint für sie trotzdem unendlich fern. Am sozialen und gesellschaftlichen Leben teilhaben – das ist für die junge Frau kaum noch möglich. Ihre Energie reicht selbst an guten Tagen gerade einmal aus, um etwa mit einer Freundin Kaffee trinken zu gehen.

 

„Ich musste meine Persönlichkeit wegen der Krankheit aufgeben. Eigentlich bin ich eine junge Frau, die leben will und nicht nur überleben. So kommt es mir aber seit 16 Monaten vor“, beschreibt Münster ihre aktuelle Situation.

Für die Zukunft hat sie sich trotzdem Ziele festgesetzt. Mit ihrer Psychotherapeutin arbeitet sie gerade an einer Methode, um zumindest die ständigen Schmerzen ertragbarer zu machen. So hofft Karin Münster, irgendwann mit ihrer Krankheit besser umgehen zu lernen, um wieder arbeiten zu können. Die junge Frau möchte außerdem gemeinsam mit ihrer Ärztin Uta Behrends eine Selbsthilfegruppe aufbauen, um anderen Betroffenen irgendwann die Bewältigung des alltäglichen Lebens mit ME/CFS zu erleichtern.

 

FOCUS-Online-Autorin Janina Schrupp

https://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/gelenkschmerzen/es-fing-mit-halsschmerzen-an-heute-ist-karin-muenster-unheilbar-krank_id_10665083.html



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CHRONISCHES FATIGUE-SYNDROM (ME/CFS)
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